07.12.98
Die Legende vom heiligen Eumel
(Sehr frei nach verschiedenen Geschichten, die mir vor sooo langer Zeit erzählt wurden, daß ich selber ehrlich nicht mal mehr weiß, wann, wo und von wem!)
;o)
Es war einmal ein Kind, das war fröhlich und herzensgut, aber leider ein Schlawiner und gar nicht immer artig. So kam es, daß seine geplagten Eltern oft seufzten: Na, du Eumel, was hast du denn jetzt schonwieder angestellt?
Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein furchtbarer Hungerwinter das Land heimsuchte, und zu allem Überflusse grassierte auch noch die Schwindsucht. Gevatter Tod hielt reiche Ernte unter den Kindern. 
So geschah es, daß sich auch Eumel unversehens vor der Himmelspforte wiederfand, wo der gestrenge St. Petrus seiner verantwortungsvollen Aufgabe nachkam. Ihm zur Seite stand die heilige Barbara, die gerade auch Dienst hatte, denn es war ihr Namenstag.
Eumel aber wurde von einer garstigen Angst vor der Hölle und dem Fegefeuer erfaßt, und weinte gar bitterlich. Da hatte Barbara Erbarmen mit dem Kinde, und versteckte es unter ihrem Rock, bis die Wolken, welche die armen Sünder ins Fegefeuer und die Seeligen ins Himmelreich brachten, bereits entschwebt waren. Als nun Petrus gewahr wurde, daß noch eine Seele übriggeblieben war, wurde er sehr zornig. Aber Barbara redete ihm gut zu, Eumel solle doch seine Sünden lieber abarbeiten anstatt im Fegefeuer zu büßen.
Da traf es sich gut, daß gerade der heilige Nikolaus vorbeikam, um seinen Rentierschlitten bereitzumachen, denn er wollte wie alle Jahre am nächsten Tage zur Erde niederfahren, die braven Kinder zu belohnen. Und weil er da einen Gehülfen noch gut gebrauchen konnte, gab schließlich auch Petrus brummelnd seinen Segen dazu.

St. Nikolaus wies Eumel an, dem gar finsteren Knecht Ruprecht zur Hand zu gehen, der eifrig Reiser von Kirsche, Forsythie und Weißdorn gar zu Ruten band, mit denen die ungezogenen Kindelein gezüchtiget werden sollten. Da erschrak Eumel sehr, denn dem Nikolaus muß man doch gehorchen! Aber andererseits - mitschuldig werden am Unglück der armen Kinder? Schließlich, als es Nacht war, faßte Eumel sich ein Herz, und trennte alle Reisigbündel wieder auf, und verteilte sie auf mehrere Vasen mit Wasser.
Am nächsten Morgen stellte Nikolaus das Kind darob zur Rede. Sprich, was hast Du Dir nur dabei gedacht, das Werk des rechtschaffenen Knecht Ruprecht zu zerstören?
Ei, gestrenger Nikolaus sagte Eumel treuherzig, soll denn das Christfest schmucklos gefeiert werden, ganz ohne die Pracht der schönsten Blüten, die der HERR erschaffen hat?
Da mußte der Nikolaus schmunzeln. Nun, das ist ein löblich Unterfangen entgegnete er. So sei es denn! Wenn die Zweige in der Tat bis Weihnachten blühen, so ist dir verziehen, und du magst in den Himmel gehen. Wenn nicht... ins Fegefeuer! Weil es nun sowieso zu spät war, neue Ruten zu binden, und weil er insgeheim selber nicht gerne Kinder schlug, mußte der Knecht Ruprecht wohl oder übel diesmal ohne seine Ruten mit zur Erde fahren.

Dem Kinde aber wurde das Warten auf Weihnachten am Himmelstor gar lang, denn die Knospen an den Zweigen wurden zwar dicker, aber die Zweiglein wollten und wollten einfach keine Blüten tragen. Darob ward ihm bang und bänger ums Herzchen. Da kniete es betend nieder, und erflehte inbrünstig den Beistand der heiligen Barbara. Und als es endlich an Heiligabend zur Christmette läutete, siehe, da gab es ein Meer von Blüten!

Von diesem Ereignis aber erfuhr der Papst, der damals ein weiser heiliger Mann war. Er ließ seine Kardinäle und Bischöfe rufen, um Eumel ob jenes Wunders heiligzusprechen. Daraus wurde allerdings nichts, denn die Ratgeber hatten gar mannigfaltige Bedenken. Schließlich sei es ja kein Wunder, wenn Zweige in einer Vase erblühen, und vielleicht sei das ungezogene Kind ja garnicht in den Himmel gekommen, sondern einfach nur augebüchst am Tage vor Weihnachten?
Wer weiß, vielleicht haben sie am Ende recht, und Eumel ist heimlich auf die Welt zurückgekehrt, und hat unerkannt ein Schlitzohrenleben geführt?!

Die kleinen Schlawiner aber stibitzen seither am Tage, bevor der Nikolaus seinen Rentierschlitten anschirrt, auf die Erde wiederzukehren, ein paar Eumel-Zweiglein aus Nachbars Garten, auf daß sie erblühen mögen am Weihnachtstage: zum Ruhme des HERRN und zum Gedenken daran, daß der Knecht Ruprecht nie wieder unartige Kinder geschlagen oder in den Sack gesteckt hat. 

 
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