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    >> Ein einfacher Auftrag <<

     
    Langsam und bedächtig, wie an jedem Tag, außer wenn Herbst- oder Winterwolken den Himmel bedeckten, kroch die Sonne über ein kleines, feines Land irgendwo draußen in der Welt, um den neuen Tag zu grüßen. 
    Sagen wir einfach, dieses Land läge dort, wo sich Fuchs und Hase noch gute Nacht wünschen, abgehetzt vom täglichen Kampf um Fressen und Gefressenwerden, so sie die gleiche Sprache sprechen. 
     An diesem neuen, schönen Augusttag ergossen sich die goldenen Sonnenstrahlen über die Felder und Wiesen, spiegelten sich in den kleinen Flüssen und Bächen und ließen die Blumen und  Bäume in allen denkbaren Farben und ihrer ganzen Pracht erstrahlen. Die Amseln, die den Tag als erste begrüßen wollten, plusterten kurz ihr Gefieder und sangen in den schönsten Tönen ihr wohlklingendes Lied. 
     Von sehr hoch oben sah das Ganze noch malerischer aus - das jedenfalls dachte sich Marie Bigott, bevor sie in einen leichten Sinkflug überging. Das Streckenfliegen, alles in klein von oben sehen, war einer der Gründe, warum sie die Ankunft aus der Luft dem einfachen Erscheinen vorzog. Die anderen Mädchen erschienen lieber. Zum einen, weil die Frisur unter einem fast dreihundert Stundenkilometer schnellen Flug bei minus sechs Grad in achteinhalbtausend Metern Höhe erheblich litt und solche Reisen schlecht für die Arbeitskleidung waren. Zum anderen, weil es nur die Zeit eines Fingerschnippens dauerte, im weißen Taftdress und mit einem goldenen Stäbchen mit Sternchen obenauf am Zielort der Wünscher einfach zu erscheinen. 
     Doch Marie war in diesem Punkt eigen. Natürlich ging es schneller, aber fliegen machte halt viel mehr Spaß, vor allem bei diesem Wetter in dieser Gegend. Außerdem war Marie eine Fee mit Tradition, weswegen die jungen Dinger sie oft als altmodisch bekicherten. Diese Gänse! 
     Aufträge in der Innenstadt absolvierte Marie ebenfalls auf die moderne Methode: Zapp! Erscheinen, drei Wünsche, fertig. Zapp! Weiter. Doch heute sollte es mal wieder Spaß machen...  

     Marie hielt artig das weiße, weit gebauschte Kleid mit beiden Händen fest und landete sanft vor einem winzigen Häuschen in einem verlotterten Vorgarten. 
    In dem, was einst Blumenbeete gewesen sein mußten, wucherten Zwiebeln und Knoblauch, bunt gemischt mit vertrockneten Rosen. Die kleine Wiese vor der vergammelten Gartenbank ging gerade in ein herbstliches Braun über.  
     "Hier müßte ab und an mal gegossen werden", murmelte Marie und zog den Wunderstab aus ihrem Haarknoten. Mit einem Wink des Stabes öffnete sie die Tür des Häuschens und trat ein. Das erste, was ihr auffiel, war eine nackte, mit Fliegenschiß bedeckte Glühbirne, die von der Decke des einzigen Zimmers im Haus herabhing. Das Ganze war mehr als ärmlich: Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer in einem, nichts davon richtig. Außerdem roch es nach alten Socken. Es kribbelte Marie in den Fingerspitzen. Wenn es Feen erlaubt gewesen wäre, sie hätte schon mal angefangen. Ein bißchen hier, ein wenig dort - es wäre keine Mühe, das Ganze etwas freundlicher und lebenswerter zu gestalten. Aber Vorschriften sind Vorschriften.  
     Feen konnten fliegen oder erscheinen, wie sie wollten. Sie konnten verhandeln, vorschlagen und anbieten. Doch nie, niemals durften sie den Wünschen der Wünscher vorgreifen! Das weiße Taftkleid, gebauscht und hochgeschlossen, war Pflicht. Genauso wie der vergoldete Stab mit dem Stern darauf, obwohl einige der Mädchen schon passable Vorschläge für etwas peppigere Kostüme gemacht hatten - alles abgelehnt! 
     Also riß sich Marie Bigott zusammen, machte es sich auf dem verschlissenen Sofa bequem und wartete. Sie wartete lange und war sehr gespannt, wie wohl die drei Wünsche des Menschen aussehen würden, der hier lebte. 

    Viel später, die Sonne hatte schon drei Viertel ihres Weges über dem Horizont hinter sich, tauchte der Wünscher auf. Klitzeklein erst, schlurfte er am Ende des ausgetretenen Pfades von der Straße zu seinem Haus um die Kurve. Langsam, bedächtig, mit aller Zeit der Welt trug er einen Eimer Richtung Heim, ohne zu ahnen, daß sich bei seiner Ankunft sein ganzes Leben entscheidend ändern würde.  
     Der Wünscher hieß Jakob. Bekleidet war er mit einer mörtelverschmierten, braunen Kordhose mit starken Gummihosenträgern über einem weißen, verschwitzten Feinrippunterhemd. In dem Eimer trug er eine Kelle, einen Stab - säuberlich umwickelt mit einer Kordel -, ein Lot an einem kürzeren Stück Kordel und eine lauwarme, halbleere Flasche Bier mit einem verschwindend winzigen Rest Kohlensäure. 
     Jakob der Maurer stellte den Eimer auf halbem Weg zu seinem Haus bedächtig in den Staub, fingerte die Flasche heraus und sprach salbungsvoll mit schwerer Zunge: 
     "Dassiss derrest vomm Schütsefesst, hehe..", trank, prustete kurz darauf die eine Hälfte des schalen Bieres über den Weg und die andere über seine Hose. 
       "Buächchchch! Wat ne Plörre!" Angewidert warf er die Flasche hinter sich über eine Hecke, wo sie klirrend auf einer anderen, viel älteren Flasche zerbrach, und trottete weiter. 
     Jakob hatte einen im Kahn, soviel war klar. Und spätestens der Eimer mit Maurerwerkzeug, der auf dem Weg zum Haus stehenblieb, während Jakob durch das vergammelte Törchen seinen Vorgarten betrat, führte auch dem Letzten, der es bis hierhin noch nicht begriffen hatte, vor Augen, daß Jakob meistens einen im Kahn hatte. Nein, nicht nur heute, zur Feier des Tages, sondern zur Feier jedes Tages, den Gott werden ließ, und das schon seit geraumer Zeit - Jakob hatte nämlich ein kleines Alkoholproblem.  
     
      

    Das erste, was Jakob in dem Raum auffiel, war der süßliche Geruch. 
    Auf dem Weg zu seinem alten Kühlschrank, der so gelb war wie die Zähne eines uralten Kettenrauchers, erblickte er das strahlend weiße Ding, das auf seinem Sofa ausgebreitet war. Ohne es weiter zu beachten und weil er weder begriff, daß es lebte, noch daß es ungewöhnlich sauber war, nahm er eine Flasche und schlug mit einem lauten Knall an der Tischkante vor dem Sofa den Kronenkorken ab. 
     Da zuckte das weiße Ding mit einem lauten "Wassis?" kerzengerade vom Sofa. Jakob, dem etwa eine Zehntelsekunde später ebenfalls ein "Wassis?" entfuhr, bevor er die Bierflasche fallen ließ, schoß durch den Kopf, daß er und das Ding sich jetzt etwas wünschen durften. Er schritt sofort zur Tat und erfüllte sich das Naheliegendste: Erstaunlich flink hob er die Flasche vom Boden auf, bevor sie völlig auslief, trank den herausquellenden Schaum ab und latschte das Bier auf dem Boden in den Teppich. Das weiße Ding machte einen flinken Knicks, schmatzte kurz und sagte dann. 
     "Hallo, ich, ähh... bin Marie Bigott...ach was! Ich, also, bin wohl eingenickt...und eine gute Fee!"  
     Der verstaubte kleine Mann mit den verschwitzten Haaren vor Marie reagierte nicht gleich. Zum Teil, weil ihm gerade erst dämmerte, daß das Ding vor ihm aussah wie eine Frau Mitte Vierzig, die versuchte, auszusehen wie ein kleines Mädchen. Teils, weil noch niemals in seinem langen Leben eine Frau in einem weißen Taftkleid, Mitte Vierzig, die versuchte auszusehen wie ein kleines Mädchen, in seinem Haus einen kleinen Stab mit einem Stern drauf vor seiner Nase herumgeschwenkt und behauptet hatte, sie sei eine gute Fee.  Dann tat er das, was ihm gerade so einfiel, viel war es nicht. 
     "Mmmmhh", brummte er nickend "Marie, ne Fee also." und setzte sich auf einen wackligen, rotgestrichenen Stuhl an den Tisch, Flasche Bier in der Hand und ziemlich ratlos, wie es nun weitergehen sollte. 
     'Mein Gott, Mist! Er muß mich für völlig bekloppt halten. Ich ratze hier auf seinem Sofa! Kein guter Auftritt', dachte Marie verbittert und beschloß, das Beste daraus zu machen. 
     Ein neuer Schwenk mit dem Stab und eine leichte Glitterspur rieselte golden leuchtend vor Jakob hernieder. 
     "Ich bin Marie, die gute Fee - Jakob, du hast drei Wünsche frei." 
     'Wassis?', dachte Jakob zum zweiten Mal, dann ging ihm ein Licht auf. Na klar, sie durften sich was wünschen. 
       "N' Kasten Bier!", johlte Jakob vergnügt. 
    Paff! Vor ihm auf dem Tisch erschien klirrend ein Kasten voll kalter Bierflaschen. So wunderbar eiskalt, daß sie von außen beschlugen. Begeistert köpfte Jakob die erste. Wenn das seine Freunde sehen könnten.... 
    Marie ging das Ganze viel zu schnell, schließlich hatte der Idiot nur noch zwei Wünsche. Sie mußte verhindern, daß er sich solchen Quatsch wünschte - es war ihre verdammte Pflicht, es zu tun. 
     "Also Moment mal, so geht das nicht, Jakob. Jetzt überlege Dir bitte in Ruhe den zweiten Wunsch, es bleiben dir nämlich nur no...."  
     '...noch zwei Wünsche. Denk nach', wollte sie sagen, 'laß' dir Zeit' und einiges andere. Sie kam nicht dazu. 
     "Noch'n Kasten!", gröhlte Jakob begeistert, dann verengten sich seine Augen und für einen Moment sah er blitzgescheit, wenn nicht sogar ein wenig schlau aus. 
     "Halt, nee! Besser, viel besser: zwei  Kästen Bier...heheheee, und 'ne Flasche Mariacron! Jau." Paff, paff, paff! Es geschah. Jakob war mit sich zufrieden - nicht so Marie. 
        "Zurück!" rief sie energisch und die zwei neuen Kästen und der Cognac verschwanden mit einem Stäbchenwink wieder dahin, wo sie hergekommen waren. Dies war normalerweise streng verboten, genauso wie das Vorgreifen. Denn erfüllte Wünsche sind erfüllte Wünsche und unwiderruflich verloren. Aber Marie hatte in der Aufregung an sowas nicht gedacht, und anscheinend hatte gerade keiner aufgepaßt, dann funktionierte es schonmal mit dem Rückgängigmachen. 
      

    Marie wurde langsam sauer. 'Ein kurzer, einfacher Auftrag', hatten sie gesagt.  'Schöne Gegend, nette Leute. Wird Dir gefallen', hatten sie gesagt. 
    Und nun war sie in der schönen Gegend, stand diesem versoffenen Bauarbeiter gegenüber, der, anstatt sein Leben zu ändern, sich diesen Mist wünschte. Von wegen einfacher Auftrag, ein ganz mieser Job! 
    Jakob setzte gerade die zweite Flasche aus seinem umwerfenden ersten Wunsch an den Hals, als Marie mit der Faust auf den Tisch schlug. Sie war nun wirklich wütend. 
     "Verdammt noch mal! Ist Saufen denn alles, was du kannst, was? Und wie sieht es hier überhaupt aus?" Jakob folgte ihrer weitschweifigen Handbewegung durch das Zimmer, ohne genau zu wissen, worauf sie hinauswollte. Doch Maries kleiner Wutausbruch erinnerte ihn an etwas aus lange vergangenen Zeiten... 
     "Aber, ich denke, ähh, ich denke, ich hätte drei Wünsche frei und..." 
     "Jaajaajjaa! Hast du, hast du ja!", brüllte die gute Fee. Dann riß sie sich zusammen. Sie würde es ihm erklären. Dazu blickte Marie Jakob mit aller Kraft in seine rotgeränderten Augen. 
     "Sieh mal, Jakob..", begann sie. "Jeder Mensch hat doch Wünsche, kleine Wünsche, riesige Wünsche. Sachen, die es gar nicht gibt. Dinge, die sich nie erfüllen können, verstehst Du?" Jakob nickte und trank. 
     "Mein Job ist es, bestimmten Menschen drei ihrer Wünsche zu erfüllen.", fuhr sie fort, während sie dachte:  Warum ausgerechnet du einer dieser Bestimmten bist, werde ich nie begreifen. 
     "Ich bin eine gute Fee, weißt du. Ich mache das Unmögliche möglich. Dreimal hat der Auserwählte die einmalige Chance, die Grenzen der Realität zu sprengen, Raum, Zeit, na eben alles. Ewige Jugend, ein Gespräch mit Gott - was immer du willst, ich mache es wahr!" 
     Jakob dachte nach, man konnte sehen, daß er es tat. Eine ferne kleine Erinnerung schoß ihm durch den Kopf. Alles war möglich, alles... 
     'Er hat es begriffen.' Erleichtert und erschöpft von ihrer Einführung setzte sich Marie wieder auf das Sofa und wartete. 
    Lange Zeit später, in der Marie ihr Taftkleid glattgestrichen und mit ihren Fingernägeln gespielt hatte, machte Jakob seinen Mund endlich zu etwas anderem, als zum Bier Trinken auf, und die Fee war wirklich gespannt, was nun kommen würde. 
     "Also alles? Alles, was ich will, ja?" Marie nickte ergeben. 
     "Gut", er straffte sich, wollte keinen Fehler machen. "Ich wünsche mir... einen Kühlschrank..." Marie schlug sich mit der Hand vor die Stirn, doch Jakob ließ sich nicht beirren. 
       "Momentchen, bin doch nochnich fertig. Einen schönen, großen Kühlschrank, so einen ganz modernen, der weniger Krach macht wie meiner. Und zwar so einen, mit einer Glastüre, weißte? Wo man immer von draußen sieht, was drin iss..hähää. Und...", mit einem ernsten Blick, während die zahngelbe Kiste hinter ihm gegen einen nagelneuen flüsterleisen Fünfhundertliterkühlschrank der allerneuesten Generation mit Schnellfrosterfach, Eismaschine für wahlweise Würfel oder zerstoßenes Eis und Panorama-Durchsichtscheibe ausgetauscht wurde, fuhr Jakob fort:  
     "Da soll immer Bier drin sein, solange ich lebe, kaltes Bier, versteht sich, und nur meine Marke. Und immer Essen! So Aluessen, die man sich warm machen kann, ohne Kochen, weißte?" Marie wußte, und mit leisem Klimpern erschienen hinter der Glasscheibe unzählige Flaschen im Kühlschrank, gefolgt von einer ganzen Batterie von Dreifächer-Alupackungen erlesener Schnellmenues.  Sie wollte es nur noch schnell hinter sich bringen. Wenn sie das den anderen Mädchen erzählte, sie würden sich totlachen.  Mit ihrem zuckersüßesten Lächeln wandte sie sich an Jakob, der es immer noch nicht fassen konnte. Sie sprach mit der Stimme, die man üblicherweise für Kinder, Hunde und Debile gern benutzt. 
     "Sehr, sehr gut! Das war Wunsch Nummer zwei. Dieser...", sie sah auf das zum Bersten gefüllte Monster in der gammeligen Kochecke des Raumes, "Kühlschrank wird sich nie leeren, gemäß deinem Wunsch. Das Bier ist von deiner Lieblingsmarke und das Essen von erlesener Vielfalt und ausschließlich Gerichte, die Du liebst. Zufrieden?"  
     Jakob nickte, ihm standen Tränen der Rührung in den Augen.  
     'Als nächstes wünscht sich der Spinner wahrscheinlich eine Mikrowelle', dachte Marie und rutschte ungeduldig auf dem Sofa hin und her. Der Tag verrann, sie wollte noch etwas von der schönen Gegend sehen. Auf jeden Fall wollte sie aus dieser vergammelten Bude verschwinden. Einen Wunsch hatte er noch frei, egal was, sie würde ihn ohne Diskussion erfüllen und abhauen. Nach Dienstschluß würde sie in der Zentrale mal auf den Putz hauen und richtig Zoff machen, soviel war klar. Ihr solche Aufträge aufs Auge zu drücken! Dazu war sie nun wirklich schon zu lange im Geschäft. Jakob unterbrach ihre Gedanken. 
     "Ich wünsche mir..."  
     'Eine Mikrowelle', murmelte Marie. 
     "Ein Mädchen...nenee, eine Frau. Lieber 'ne richtige Frau!" In Jakobs triumphierendem Blick war etwas Lüsternes. 
     'Oho! Das kann ja doch noch interessant werden', dachte Marie und beugte sich belustigt vor. 
     "Die hier mal wieder richtig Ordnung schafft, kocht und putzt und meine Sachen wäscht und... und"  hier wurde Jakob sogar ein wenig rot, "na, die auch ein wenig lieb zu mir ist, hehe... Sie soll bis zum Ende meines Lebens bei mir bleiben und nie wieder gehen. Ich wünsche mir... dich!" 
     Die letzten Worte hatte Marie nicht so richtig verstanden, das heißt, sie hatte sie gehört, aber die ganze Tragweite von Jakobs letztem Wunsch war ihr entgangen. Sie begriff erst was dieser Kretin ihr angetan hatte, als sich ihr weißes Taftkleid mit einem leisen Knistern und ganz ohne Paff in ein normales, malvenfarbenes Hauskleidchen verwandelte.  
     "Stop! Zurüüüüück!!", brüllte sie mit all ihrer Feenkraft, doch diesmal paßte jemand auf, und es tat sich nichts. Vielmehr, es tat sich doch etwas. Der Wunderstab, mit dem Marie verzweifelt in der Luft herumfuchtelte, um das Grauen abzuwenden, veränderte sich. Fast schon obszön wurde das Stäbchen schlaff. Der kleine Stern an seiner Spitze baumelte noch kurz daran herum, bevor er matschig auf die Tischplatte fiel und verrauchte.  
    Der Stab tat es dem Stern kurz darauf gleich und löste sich in Wohlgefallen auf. Ein starker Ozongeruch breitete sich aus und die Glühbirne an der Decke flammte knisternd auf. 
     Es war das letzte Restchen Wohlgefallen in dem kleinen Häuschen für eine sehr, sehr lange Zeit. Denn was Marie Jakob an den Kopf warf - erst nur böse Worte, dann fast den gesamten Inhalt des Kühlschrankes, der Mühe hatte mit dem Auffüllen nachzukommen, später wieder böse Worte -, es war, woran Jakob sich dunkel erinnern konnte. Das und die Anfangszeit in dem kleinen Häuschen, als er gerade geheiratet hatte. Doch leider benahm Marie sich eher wie seine Frau, kurz bevor sie damals abgehauen war.  
     Marie hingegen verließ Jakob nie wieder. Sie konnte nicht, denn gewünscht ist gewünscht, heut' und immerdar. Marie kümmerte sich um das Häuschen, brachte den Garten auf Vordermann, wusch, putzte und kochte für Jakob. Selten, aber ab und zu, war sie sogar lieb zu ihm. Ansonsten machte sie Jakob das Leben zur Hölle, wo sie nur konnte. 
     Wenn jemand an dem kleinen Haus am Ende des Pfades vorbeigekommen wäre, hätte er niemals geahnt, daß dort eine schlechtgelaunte Ex-Fee und ein Mensch, der die Chance seines Lebens total versaut hatte, zusammen ihr Leben verbrachten. Den Jungs vom Bau und jedem, der Jakob nach seiner neuen Frau fragte, erzählte er traurig und meistens betrunken die Wahrheit. Es hatte zur Folge, daß er schließlich von allen für ein wenig seltsam gehalten wurde. 
     Doch wenigstens der Kühlschrank funktionierte für den Rest von Jakobs Leben leise und einwandfrei.

     
    © Oliver Pautsch